SAPRI Skulpturen

Alfred Bradlers SAPRI-Skulpturen erwecken Fantasie und vermitteln positive Emotionen – die Hintergünde erläutert der Autor Burgy Zapp aus wahrnehmungs-theoretischer Sicht.

Erstveröffentlichung: MORGENSTERN-Journal, Ausgabe März/April 2011.

Alfred Bradler im kunsthistorischen Kontext

von Burgy Zapp

 

Der in Deutschland lebende, österreichische Künstler Alfred Bradler hat vor 15 Jahren die erste SAPRI Reduktionsfigur vorgestellt. Er hat, parallel zu seiner freien Kunst, als Grafik-Designer gearbeitet, ein Beruf der mit Wahrnehmung und Reduktion bereits sehr vertraut ist. Auch in seiner Grundausbildung (1956-1960) an der Fachschule für Goldschmiede, Graveure und Büchsenmacher in Österreich, die ihn zur Aufnahme in die Meisterklasse der Akademie Wien befähigte, war Reduktion bereits ein Arbeitsmittel künstlerischen Schaffens. Neben Gemälden, Objektkunst, Land-Art-Kunst gehören Kunst Aktionen umweltorientierter und/oder sozialer Themen zu seinem Selbstverständnis als Künstler. Der Kunsthistoriker Dr. Raimund Kast subsumiert Alfred Bradlers Einstellung im Feb. 2010: ein Künstler, der in seinem künstlerischen Schaffen für eine humane Welt eintritt.

Ein Jahrzehnt zuvor hat Keith Haring seine Reduktionsfigur(en) als Marke in der Kunst etabliert. Er hat vor dem Hintergrund der kommerziellen Werbegrafik und Graffiti Kultur, Charaktere aus der Welt der Comics in die Kunst transportiert. Das Figurative der Kunst besteht hier nur noch aus dem Umriss eines Symbols, das bevorzugt Menschen in Aktion darstellt. Spätestens seit seinem Auftritt auf der Dokumenta 7 kann die stark reduzierte Symboldarstellung von Menschen als etablierte Sprache der Kunst angesehen werden.

Vor diesem historischen Hintergrund, Keith Haring und Alfred Bradler, erschließt sich nicht nur dem Sammler, sondern auch dem Kunsthistoriker der große Wert der SAPRI. Keith Haring nutzte die minimalste Form: Umriss von Gestalt und Comic Bewegungsstriche, um nur einen ebenso minimalen Wiederstand in der Wahrnehmung überwinden zu müssen. Vor Keith Haring wäre Alfred Bradler sicherlich auf eine unvorbereitete Wahrnehmung des Publikums gestoßen. Alfred Bradler entwickelt die Figurreduktionen weiter: Zur Gestalt (Haltung somit auch Tätigkeit) und der Bewegung fügt Alfred Bradler einen deutlich stärkeren positiven emotionalen Ausdruck und - viel wichtiger - eine weitere Dimension hinzu. 

Die neue Dimension der SAPRI Figuren von Alfred Bradler. Keith Harings Figurreduktionen sind eindeutig, sehr klar und daher auch nicht deutbar, die Kommunikationskosten sind minimal. Alfred Bradlers Figuren wirken emotional aufgeladener, uneindeutiger in Gestalt und beweglicher in ihrer Deutbarkeit. Evalutiert man diesen Eindruck im Einzelnen, lässt es sich wissenschaftlich operationalisieren in Werkstil-Schemata: Die Kommunikationskosten der SAPRI sind viel höher. Bis die menschliche Gestalt erkennbar wird muss meist erst eine Bewegungs-Situation bzw. ein Setting assoziiert werden. Zum Beispiel: Hände in den Himmel gerissen, Kopfstand, Rennen, Tanzen etc.. Erst diese Assoziation lässt die menschliche Gestalt in der Figurreduktion (bei Alfred Bradler meist eine Fläche, inzwischen auch zunehmend Schattierung) erkennen. Durch die Uneindeutigkeit der Kommunikation des Kunstwerks entsteht Fantasie im Betrachter. Die wesentlich höheren Kommunikationskosten sind ein von Alfred Bradler als Künstler geschickt eingesetztes Arbeitsmittel, um den Betrachter zu einer Fantasie zu inspirieren und eine Emotion zu übertragen.

Ein Überblick über die SAPRI Entwicklung: Die Kunsthistorikerin Dr. Brigitte Lamberts charakterisiert die frühen SAPRI (auf Leinwand) als frech, frivol und ständig in Bewegung. Sie erläutert wie daraus die Skulpturen entstanden sind: jetzt dreidimensional und zudem monochrom gelb/rot/blau.

Daraus folgt für mich der Umkehrschluss. Wenn der Künstler jetzt seine SAPRI Skulptur auf Leinwand portraitiert, wie für seine jüngste Kunst Aktion um Angela Merkel, führt er sie zurück ins Ursprungsmedium, reduziert hierbei den Raum um eine Dimension, gibt aber eine Schattierung als Informationsebene zurück. Bradler portraitiert eine monochrome SAPRI-Skulptur zurück in die schattierte Fläche auf Leinwand. Neben bzw. hinter diese setzt er ein reduziertes Portrait der Kanzlerin. Die inhaltliche Verknüpfung zwischen Portrait und Skulptur (im selben Bild) erschließt sich erst über das Wissen um die sozial-politische Komponente der Kunst-Aktion.

„rennSAPRI“ in Berlin
„rennSAPRI“ in Berlin
Luisenpark Mannheim
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